Hm, … tatsächlich – ich lebe in meiner eigenen Welt. Ja, das stimmt. Tut das nicht jeder? Wenigstens ab und an?
Das ist ok. Bin ich völlig d’accord. Ich finde ja immer, jeder sollte das tun, was ihm/ihr wichtig und ein seelisches Bedürfnis ist – natürlich in gewissen Grenzen.
Man kennt mich dort.Jo, so is‘ es!
Heute nur ein kleiner Beitrag. Die grauen Zellen arbeiten an einem Mantel mit Hahnentrittmuster und einem falschen Pelz als Kragen. Kreative Schaffenspause!
Strickmuster, bei denen Vorder- und Rückseite sind gleich
Lesedauer: ca. 5 Min.
Bis zu meinem Deckenprojekt habe ich mir nie großartig Gedanken um Muster gemacht. Bei der ersten Decke habe ich in der Grundfarbe glatt rechts gearbeitet und die farbigen Streifen jeweils in einem Muster gearbeitet, das auf beiden Seiten gleich ist. Bei der zweiten Decke war von vornherein klar, daß es ein Muster sein sollte, das auf beiden Seiten gleich ist, so daß man nicht Vorder- und Rückseite hat.
Die gängigsten Muster hier sind wohl kraus rechts, Perlmuster und großes Perlmuster.
Kraus rechts
Kraus rechts verbinde ich immer mit Strickjacken aus dem Süden unseres Landes und aus Österreich. Dort werden sie Janker genannt. Diese schlichten, oft kastenförmigen Jacken mag ich sehr. Gestrickt habe ich allerdings noch keine. Wer also den Wiedereinstieg ins Stricken vor hat, dem rate ich zu so einer Jacke oder auch ein Dreieckstuch. Nach dem Motto „weniger ist mehr“ werden die fertigen Teile noch mit Krebsmaschen in einer Kontrastfarbe umhäkelt und „mir san fesch“ wie Heinz Moser in den alten Filmen immer so schön sagte.
Perlmuster
Das Perlmuster wird immer *eins rechts, eins links* gestrickt. In der Rückreihe wird dann die rechte Masche links und die linke Masche rechts gearbeitet.
Großes Perlmuster
Bei dem großen Perlmuster ist die erste Reihe identisch wie beim Perlmuster, die Rückreihe wird gestrickt wie die Maschen erscheinen. Die dritte Reihe wird gegengleich zur ersten gestrickt.
Schachbrettmuster
Das Schachbrettmuster ist das verdoppelte große Perlmuster. In der ersten Reihe arbeitet man *zwei rechts, zwei links*. Die Maschen der Rückreihe werden gestrickt wie sie erscheinen. Die dritte Reihe dann entgegengesetzt zur ersten arbeiten.
Ackerfurchenmuster
Das Ackerfurchenmuster habe ich erst letzthin entdeckt und war ganz begeistert davon. *zwei Maschen rechts, eine links* zurück ebenso. Dadurch, daß vor der rechten Masche eine Linke liegt, kippt die rechte Masche etwas. So entsteht der Eindruck einer Furche.
Diese Muster schaffen Struktur. Das
Strickstück wird griffiger und durch das Plastische entsteht ein
Spiel aus Licht und Schatten. Die Farbe changiert – wird mal
dunkler, mal heller wahrgenommen.
„Dafür muß eine alte Frau lange
stricken!“ war ein beliebter Ausspruch einer meiner Lehrer.
Sinnbildlich steht er für etwas Teures.
Wenn auf alten Bildern/Ölgemälden Handarbeit gezeigt wird, dann höchstens das Sticken. Stricken war profan und wurde von den Armen betrieben. S. hierzu auch das Märchen „Das Kätzchen und die Stricknadeln“.
Bei meinem Besuch in der Hamburger Kunsthalle ist mir aufgefallen, daß die Wohlhabenden, die es sich leisten konnten sich malen zu lassen, immer etwas Luxeriöses in den Händen halten wie einen Fächer mit Straußenfedern, ein Buch oder auch einfach nichts. Manchmal werden die Hände in teuren Handschuhen abgebildet.
Auf meine Anfrage hin holte man extra
für mich Fritz von Uhdes Bild „Der Leierkastenmann kommt“ aus
dem Archiv und stellte es in der Bibliothek aus. Uhdes Vorliebe für
die alten Niederländer ließ ihn 1882 nach Holland reisen. Das Bild
ist 1883 datiert.
Es zeigt einen kleinen Hinterhof, in
dem zehn junge Mädchen und drei junge Frauen sich die Zeit mit Hand-
und Küchenarbeit vertreiben. Drei von ihnen haben einen langen,
schwarzen Strickstrumpf zur Hand. Der vierte liegt auf einem Stuhl.
Etwas weiter hinten in dem kleinen, von einem hohen Holzzaun umgebenen Garten, sieht man, daß die Pforte zur hinteren Gasse weit geöffnet ist. Dort steht der Leierkastenmann. Damals wohl eine beliebte Abwechslung, denn fast alle kleinen Mädchen wenden sich ihm zu oder laufen ihm entgegen.
Nur das eine kleine Mädchen, daß im Vordergrund rechts auf der Bank sitzt, strickt weiterhin an ihrem Strumpf. Durch den Hausvorsprung hat sie keinen Blick auf die Pforte. Sie kann ihn folglich nicht sehen.
Beeindruckt hat mich das Bild, denn es
zeigt, daß alle – bis auf die älteste Frau – Holzschuhe und
schwarze Strümpfe tragen.
Die Topfpflanzen stehen draußen, die
Geranie auf dem Fensterbrett blüht. Von der Jahreszeit her müßte
es schon wärmer sein, aber wohl noch nicht warm genug um ohne
Strümpfe zu gehen.
Strümpfe von damals kann man nicht mit
unseren heutigen vergleichen. Und auch die Verarbeitung der Wolle hat
sich verändert. Die Älteren von uns mögen sich noch an die
kratzigen Strumpfhosen aus der Kinderzeit erinnern. Und damals –
vor mehr als 100 Jahren – wurden die Stümpfe an eine Art Gürtel
geknotet – ähnlich der Strapse heute.
Auf Bildern von Zille findet man auch
des öfteren schwarze Strümpfe. Meist sind sie herunter gerutscht
und liegen in Wellen um die Knöchel ihrer Träger.
Getrieben von der Frage, wie alt das
Stricken ist, habe ich angefangen zu recherchieren. Es gibt sogar ein
Buch über die Geschichte des Strickens. Es steht auf meiner
Bücherliste zur Anschaffung.
Aber ich wollte bildliche Beweise. Die
älteste Darstellung eines Strickstückes auf einem Bild – die ich
bis dato gefunden habe – ist die strickende Madonna auf dem
Altarbild Meister Bertrams um 1400. Dieses Bild befindet sich nicht
mehr in Buxtehude sondern frei zugänglich in der Kunsthalle in
Hamburg.
Das wollte ich mir doch einmal genauer
ansehen und nahm Kontakt zur Kunsthalle auf und fragte nach weiteren
Bildern, auf denen strickende Personen abgebildet seien. Ja, die gibt
es.
Von Jan Havicksz Steens „Vaterfreuden“ von 1668. Es ist etwas düster und geschützt hinter Glas – daher die Spiegelungen. Fotografieren ist erlaubt – allerdings ohne Blitz.
Das Strickzeug hat hier sogar einen prominenten Platz – auf dem Scherenstuhl mehr oder weniger in der Mitte des Bildes. Merkwürdigerweise liegt das Knäul auf der Sitzfläche wohingegen der Strickstrumpf auf den Boden gefallen ist.
Des weiteren habe ich mir noch eine Zeichnung von Adolph Menzel herauslegen lassen „Büste einer Frau und strickende Hände“ von 1886.
Ich
habe mich durch einige Kataloge gearbeitet und dort noch weitere
Bilder gefunden. Es gibt ein Bildnis von Frederikke Christiane
Schmidt von 1818 – sie sitzt strickend auf dem Sofa. „Blick aus
dem Kornspeicher bei der Bäckerei der Zitadelle“ von Christen Købe
zeigt eine junge Frau, die sich von außen der offenen Türe nähert.
Sie hat einen Strickstrumpf in der Hand. Leider habe ich das Jahr
nicht notiert.
Hans Huckebein, der Unglücksrabe aus der Bildergeschichte von Wilhelm Busch, – erstmals veröffentlicht 1868 – verheddert sich im Strickzeug und geht elendig daran zu Grunde.
Bei Zille, dem Portraitist der kleinen Leute, bin ich allerdings nicht fündig geworden. Das hat mich etwas gewundert. Ich werde weiterhin Ausschau halten und das Zille Museum in Berlin anschreiben.
Auf diesem Wege noch ein ganz herzliches Dankeschön an Frau Pens von der Hamburger Kunsthalle für den netten Kontakt und die Unterstützung in Sachen Bildersuche. Ich komme gerne noch einmal vorbei.